Delegation der 2. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen nach Diyarbakırfreedom

Wir, die offizielle Delegation der 2. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen nach Nordkurdistan, fordern die sofortige Freilassung der in Nordkurdistan inhaftierten Mitglieder von Stadtverwaltungen sowie die Wiedereinsetzung aller ihrer Ämter enthobenen Co-Bürgermeister*innen!

Die Frauen und Männer sind demokratisch gewählte Vertreter ihres Volkes. Die Zwangsverwaltung von Städten und Gemeinden durch den türkischen Staatsapparat ist ein weiterer Schritt in Richtung einer faschistischen Diktatur. Die europäischen und die amerikanische Regierung dürfen nicht länger zusehen, wie die türkische Regierung ihre  Machtbestrebungen ausführt und damit Volksgruppen und Glaubensgemeinschaften wie die Kurden, Aleviten und Jesiden zum wiederholten Male einer ungerechtfertigten Verfolgung mit fadenscheinigen Begründungen aussetzt, mit dem Ziel diese Völker zu unterdrücken oder sogar auszulöschen.

Die türkische Regierung hat schon vor dem Putschversuch im Juli 2016 und dem anschließenden Ausnahmezustand versucht, fortschrittliche demokratische Kräfte in der Türkei und angrenzenden Ländern (wie z.B. im Bezirk Rojava, Nordirak) auszuschalten, hat – auch mit Unterstützung der deutschen und amerikanischen Regierungen – mittlerweile die Rechtsstaatlichkeit weit hinter sich gelassen und agiert ungehemmt despotisch. Ihre Machtbestrebungen übt sie nicht nur in Nordkurdistan aus, sondern auch gemeinsam und unverblümt mit dem IS in Syrien, Iran und Irak. Wir Deutsche wissen aus eigener leidvoller Geschichte, wohin das führen wird und haben deshalb auch eine besondere Verantwortung, diesem Angriff auf Demokratie und persönliche Freiheit entgegen zu treten.

Wir fordern die deutsche, aber auch alle anderen europäischen und die amerikanische Regierung auf, die Unterstützung der türkischen Regierung zu stoppen, alle Truppen aus den betroffenen Regionen abzuziehen und ein Verbot von Waffenlieferungen an den türkischen Staat, den IS und alle seine Unterstützer (z. B. Saudi Arabien) auszusprechen.

Nach der Festnahme der Co-Bürgermeister*innen von Diyarbakır am 25.10.2016 kam es zu weiteren Festnahmen von Mitgliedern demokratischer Organisationen, die mit Demonstrationen vor der Stadtverwaltung die Freilassung der Inhaftierten und Wiedereinsetzung in ihre Ämter forderten. In erster Reihe bei den Demonstrationen standen Frauen wie die Co-Sprecherin der KJA und ehemaliges Parlamentsmitglied der HDP, Ayla Akat Ata, die geschlagen und anschließend verhaftet wurde. Weder ihr Anwalt noch die Familie darf sie in den ersten 5 Tagen ihrer Haft besuchen. Gleichzeitig wurden auch einige andere Frauen der KJA  (“Kongress für Frauenbeziehungen”, die Schirmorganisation der kurdischen Frauenorganisationen) geschlagen und festgenommen. Die Häuser von Ayla Akat Ata und der KJA wurden anschließend von der Polizei  durchsucht und alle Unterlagen, Archive und Computer wurden illegal beschlagnahmt. Das zeigt deutlich, dass der Hauptangriff der türkischen Regierung sich gegen die Frauen richtet. Die Rechte der Frauen werden in der Türkei seit Jahren immer mehr eingeschränkt und auch von den Amtsenthebungen in den kurdischen Stadtverwaltungen sind oft die weiblichen Co-Bürgermeisterinnen betroffen. Die Festnahme der Demonstrationsteilnehmer*innen ist ein weiterer Schritt weg von einem demokratischen Staatswesen.

Aus Gesprächen, die wir während und nach unserer Reise mit Betroffenen geführt haben erfuhren wir, dass Inhaftierte in der Türkei regelmäßig gefoltert werden. Besonders betroffen sind auch hier wieder die Frauen, die nicht nur gefoltert, sondern auch vergewaltigt werden. Folter verstößt gegen das Menschenrecht auf persönliche Unversehrtheit und ist ein weiterer Grund, die türkische Regierung politisch in ihre Schranken zu verweisen.

Wir rufen alle demokratisch gewählten Regierungen, insbesondere die deutsche und amerikanische Regierung dazu auf, den Angriff der türkischen Regierung auf die freiheitlich-demokratischen Grundrechte der türkischen Bevölkerung und hier insbesondere der Frauen sofort zu stoppen und endlich die Zusammenarbeit mit diesem diktatorischen Regime einzustellen!

Freiheit für Kurdistan und alle unterdrückten Völker dieser Welt!

JIN, JIYAN, AZADI ! WOMAN, LIFE, FREEDOM! FRAU, LEBEN, FREIHEIT!

Anne Wilhelm, Frauenpolitischer Ratschlag; Inessa Kober, Jugendverband Rebell; Ulrike Held und Birgit Schuttenberg, Frauenverband Courage

Der Bundesvorstand des Frauenverband Courage schließt sich dem Protest an und wird ihn auf allen möglichen Wegen verbreiten.

Download:
161101-protestbrief

 

 

 

 

Freiheit für Gultan Kışanak, Ayla Akat Ata und für alle Frauen in Kurdistan