Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V. – Cenî
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An die Presse und Öffentlichkeit,

Als weiteren Schritt in Richtung Diktator ohne jegliche demokratische Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft hat das türkische Innenministerium gestern Abend bekannt gegeben, 370 eingetragene Vereine wegen angeblicher „Verbindungen zu Terrororganisationen“ schließen zu lassen. Wenig später fanden die ersten Razzien und Versiegelungen von Vereinsräumen statt. Dies alles geschieht auf Grundlage des außerordentlichen Zustands, der seit dem Putschversuch am 15. Juli 2016 herrscht, und sogenannten Regierungsverordnungen mit Gesetzeskraft. D.h. die AKP-Regierung unter Führung von Erdogan hat die Möglichkeit, im Alleingang mit Regierungsdekret unliebsame Vereine, Fernsehsender, Zeitungen und Zeitschriften einfach zu schließen.

Bei 199 der betroffenen NGOs handelt es sich um kurdische Vereine. 153 werden beschuldigt, an die Gülen-Bewegung gebunden zu sein. Weiteren 18 werden Verbindungen mit der DHKP-C Front vorgeworfen. Nur 8 unterhalten angeblich Verbindungen zum Islamischen Staat!

Einer der Vereine, in dem heute Morgen eine Razzia stattgefunden und dessen Tür versiegelt worden ist, ist der Kongress der Freien Frauen (KJA), die größte Dachorganisation der Kurdischen Frauenbewegung in Nordkurdistan und der Türkei. Ayla Akat Ata, die Vorsitzende des Vereins, war am 26. Oktober 2016 während einer Protestaktion wegen der Verhaftung der Co-BürgermeisterInnen von Diyarbakir festgenommen und anschließend verhaftet worden. Neben dem KJA ist auch der Frauenverein Selis als einer der ältesten kurdischen Frauenvereine in der Türkei auf Dekret geschlossen worden. Außerdem das Ekin Ceren Frauenzentrum und der Frauenverein VAKAD.

Unter den bisher versiegelten Vereinen befinden sich außerdem der Kurdischer Schriftstellerverband, das Mesopotamien Kulturzentrum MKM, der Mesopotamien Anwaltsverband, der Freiheitliche Anwaltsverband, der Friedensverein, der Verein gegen Armut und für nachhaltige Entwicklung Sarmasik, welcher mehr als 5 Tausend Familien finanziell unterstützt, die Freie Journalistenunion, das Seyr-i Mesel Theater, der Solidaritätsverein für Familien von politischen Gefangenen TUAD sowie der Rojava Verein, welcher bisher Hilfe für Rojava koordiniert hat.

Es ist davon auszugehen, dass alle fortschrittlichen Vereine, in denen sich die kurdische Zivilgesellschaft organisiert, geschlossen werden. Gleiches gilt für türkische demokratische NGOs. Ziel ist die totale Zerstörung der demokratischen politischen Gesellschaft, der Mundtotmachung und der Verfestigung autoritärer, gar diktatorischer Strukturen für das faschistische Regime unter Führung von Erdogan.

Der Schließung der Vereine voraus ging die Verhaftung von 10 HDP Abgeordneten, darunter 5 Frauen, sowie der Co-Vorsitzenden der kurdischen Demokratischen Regionspartei DBP, Sebahat Tuncel, und der Absetzung der Co-BürgermeisterInnen der größten kurdischen Stadt Diyarbakir. Innerhalb der letzten 12 Monate sind 5.389 Mitglieder der DBP festgenommen worden. 2.574 davon wurden verhaftet und befinden sich im Gefängnis.

 

 

 

An die Presse und Öffentlichkeit