• Über die Kurdische Frauenbefreiungsbewegung:

In der über 40jährigen Geschichte der kurdischen nationalen Befreiungsbewegung haben sich die Frauen seit den frühen 1990er Jahren auch autonom organisiert. Dieser Prozess, der mit der Gründung einer Frauenguerillatruppe innerhalb den Reihen der Guerilla startete, hat heute ein Niveau der gleichberechtigten Teilhabe und Repräsentation in allen Teilen des Kampfes erreicht. Die Frauen sind autonom organisiert und sie treffen alle Entscheidungen bezüglich der Frauen. Doch der ideologische und praktische Kampf für wahre Befreiung geht weiter, da er zum Ziel hat Frauen und Männer gleichermaßen vom patriarchalen und kapitalistisch-modernistischen Denken zu befreien. Der Kampf der Frauen innerhalb des kurdischen Befreiungskampfes bedeutet eine Revolution innerhalb der Revolution.

Er basiert auf der Idee, dass wahre Revolutionen weiblich sein müssen; dass Befreiungstheorien und Ideologien die Frage der Befreiung der Frau ins Zentrum stellen müssen. Derjenige, der die ersten Analysen zum Status der Frau in der Gesellschaft und ihre Befreiung begann war der Gründer und Führer der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), Abdullah Öcalan. Er wurde in einer NATO-Operation 1999 entführt und wird seitdem in Einzelhaft auf einer türkischen Gefängnisinsel gehalten. Sakine Cansiz, nom de guerre „Sara“, war eine der ersten Revolutionärinnen in Kurdistan. Cansiz war ein Gründungsmitglied der PKK. 1980 wurde sie inhaftiert und grausam gefoltert. Durch die Führung des Widerstands gegen den kolonialistischen türkischen Staat in den Gefängnissen wurde sie zur lebenden Legende. Sie war zugleich lebende Geschichte der kurdischen Frauenbefreiungsbewegung. Am 9. Januar 2013 wurde Sakine Cansiz zusammen mit ihren Genossinnen Fidan Dogan und Leyla Saylemez durch den türkischen Geheimdienst in Paris/Frankreich ermordet.

 

  • Die Frauenfrage als Hauptkonflikt
    Die Frauenfrage stellt eine der tiefgehendsten und tiefst verwurzelten Fragen der Gesellschaft und Geschichte dar. Frauen sind die am meisten unterdrückteste Rasse, Nation oder Klasse. Alle anderen Formen der Versklavung wurden auf Grundlage der Hausfrauisierung durchgesetzt. Ohne die Analyse der Rolle der Frau im hierarchischen System und der Bedingungen unter welchen sie versklavt wurde, kann weder der Staat noch das Klassensystem welches darauf aufbaut verstanden werden. Ohne eine gründliche Analyse der Versklavung der Frau und ohne die Bedingungen zu schaffen diese zu überwinden, kann keine andere Sklaverei analysiert oder überwunden werden.
  • Die Bedeutung Männlichkeit als System zu analysieren
    Macht ist synonym mit Männlichkeit. Wenn wir die fundamentalen Eigenschaften der konsequent Männer-dominierten gesellschaftlichen Kultur verstehen wollen, müssen wir den Prozess analysieren der Frauen gesellschaftlich herabgesetzt hat. Klassen- und sexuelle Unterdrückung entwickeln sich gemeinsam; die Männlichkeit hat das herrschende Geschlecht, die herrschende Klasse und den herrschenden Staat hervorgebracht. Die Männlichkeit als System zu überwinden muss ein grundlegendes Prinzip des Sozialismus sein.
  • Sexismus als grundlegende Ideologie der Macht
    Seitdem die hierarchische Struktur einen enormen Sprung nach Vorn gemacht hat, ist Sexismus zur grundlegenden Ideologie der Macht geworden. Es ist eng verbunden mit Klassenspaltung und Machtausübung. Macht und Sexismus in der Gesellschaft sind von der gleichen Substanz.
  • Die Bedeutung Frauen selbstständig zu organisieren
    Ein befreites Leben ist unmöglich ohne eine radikale Frauenrevolution, die Mentalität und Leben der Männer(Übersetzerkommentar: oder allgemeiner der Menschen) verändert. Doch es ist auch unmöglich mit versklavten Frauen eine Revolution durchzuführen. Das Ausmaß zu welchem eine Gesellschaft grundlegend verändert werden kann wird von dem Ausmaß der von den Frauen erreichten Veränderungen bestimmt. Der Grad der Freiheit und Gleichheit der Frau bestimmt die Freiheit und Gleichheit aller Bereiche der Gesellschaft. Frauen müssen eine organisierte autonome Kraft innerhalb der Befreiungsbewegungen sein, um in der Lage zu sein wahre Veränderungen zu erreichen – beginnend bei ihnen selbst.
  • Hauptkonzepte und Theorien der kurdischen Frauenbefreiungsbewegung
  • Abbruchtheorie: Ideeller und physischer Bruch der Frauen von der patriarchischen Mentalität.
  • Totale Scheidung: Die Fähigkeit sich von der fünftausend Jahre alten Kultur der Dominanz der Männer zu scheiden.
  • Transformation des Mannes: Befreiung ist nicht nur Frauensache, sondern auch die der Männer.
  • Frauenbefreiungsideologie: Ausdruck der Notwendigkeit einer ideologischen Basis des Frauenbefreiungskampfes
  • Jineologie: Die Wissenschaft der Frauen und des Lebens, welche die Beziehung zwischen Wissenschaft und Macht ablehnt und gleichzeitig den wissenschaftlichen Charakter der Ideologie stärkt.
  • Freie Partnerschaften: Alternative mit dem Ziel die Institution Ehe zu befreien und die Beziehung zwischen Frau und Mann zu reorganisieren.
Theoretisches Seminar: Kernthesen der Einführungsrede der kurdischen Frauenbewegung