Liebe Monika und liebe Genossinnen des internationalen Weltfrauenkonferenzprozesses,
fast vier Monate sind vergangen seit dem Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza, bei dem 1100 Arbeiter starben und 389 noch immer vermisst werden. Nach dem Einsturz dachte ich, dass sich die Situation der Familien nach ein paar Tagen beruhigen würde und ich die Zeit fände, die vielen anstehenden Aufgaben zu erledigen. Aber es war außerhalb meiner Vorstellungskraft, der Verlust geliebter Menschen, der Verlust des Ernährers der Familie und des Einkommens, der Verlust von mehr als 1000 Arbeitern und der Verlust von Träumen ist ein unglaublicher Verlust … Kein Zweifel, der Verlust ist jenseits der Vorstellungskraft.
Ich bin immer noch in dieser Sache engagiert. Mit befreundeten Aktivisten und der Arbeiterorganisation organisieren wir Proteste, Demos, Photoausstellungen und verschiedene andere Aktionen, um Druck auf den Besitzer, die Regierung und auch die internationalen Einkäufer auszuüben. Gleichzeitig erstelle ich mit einer befreundeten Aktivist(in) auch eine Vermissten- und Totenliste, um den betroffenen Familien der Opfern mit Zuwendungen zu Seite zu stehen. Zudem versuchen wir eine Dokumentation über das Rana Plaza Gebäude und die Opfer zu erstellen.
Nach dem Einsturz erhielt ich viele Briefe, die Solidarität und Respekt der gesamten Lage der Arbeiter und der Menschheit zum Ausdruck brachten, aber auch sehr persönliche Gefühle übermittelten. Ich verspürte den Drang, jedem einzelnen täglich mit tiefstem Respekt zu schreiben, aber das war nicht möglich.
Ich habe jetzt verstanden, dass sich die Situation nicht kurzfristig/innerhalb von Tagen ändern wird. Ich muss darin arbeiten. Dein Solidaritätsbrief hat mich zweifellos inspiriert und mir in einer sehr kritischen Zeit geholfen, mit dem enormen psychischen Druck zurecht zu kommen. Ich bin dir und allen Genossinnen des internationalen Weltfrauenkonferenzprozesses dankbar für eure tief empfundene Solidarität mit den Anliegen der Arbeiter und der Arbeiterbewegung.
Ich weiß kaum, wie ich die aufreibenden Aufgaben bewältigt habe und bin davon immer noch so physisch und psychisch eingenommen. Wenn ich manchmal die Geschichte einer der Arbeiterinnern höre oder mich daran erinnere, dann werde ich auch der psychischen Belastung der gesamten Situation gewahr. Manchmal sehe ich die bleichen Gesichter der Familien der Arbeiter und es bringt mich ins Grübeln. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie schlimm die Situation noch immer ist. Durchquert man die Gegend der Arbeiterbarracken um das Rana Plaza, dann findet man hinter fast jeder Tür die Familien von Opfern. Klopfst du an eine Tür, dann siehst du auch den Nachbarn, der Frau und Tochter verloren hat, und gleich nebenan zwei Witwen, die ihre Männer verloren haben. An der nächsten Tür die Mutter, die zwei Söhne in den Trümmern verloren hat oder die um ihren geliebten Sohn oder ihre geliebte Tochter weint. Manchmal fühlte ich mich so hilflos und der Druck wuchs mir über den Kopf. Was für ein armseliges Leben haben doch unsere Arbeiter! Ihre Leben und ihre Träumen sind nichts wert. Immer und immer wieder fühle ich, dass es einen Weg ohne den Kampf nicht gibt.
Mit solidarischen Grüßen Taslima
Taslima Akhter
Koordinatorin der Solidarität der Textilarbeiter Bangladesh (Bangladesh Garment workers Solidarity), Activistin und Photographin, Dozentin am Pathshala Medieninstitut Südasien
www.taslimaakhter.com Bangladesh
Original letter in English:
Dear Monika and all comrades of the international World Women’s Conference process
Near about 4 months have been passed after rana Plaza collapse happened and more 1100 workers died and near about 389 missing still.
After the collapse I thought may be I’ll get some times soon, the situation of workers family will be change little bit within few days and will be clam soon. And I will also get some times in my hand to do many of my pending works. But it was out of my imagination, the loss of beloved person, and the loss of breadwinner, the loss of more than thousand workers, the loss of dreams is an unbelievable loss …. no doubt the loss is beyond comprehension.
Actually I am still working on this. I with our activist friend, our workers Organization we are doing procession- protest rally, group photo exhibition and different kind of program to give pressure on owner and government and international buyers also. At the same time with our activist friend I am working to making list of dead-missing workers, to help victims family with friend’s contribution. We are also trying to make an archive of information about Rana Plaza collapse and victims of this.
After Rana Plaza collapse I have got many letters of expressing solidarity, very personal feelings, respect about the whole situation of workers and humanity. I felt urge to write every person everyday with my deepest respect but I couldn’t manage.
Now I have understood that this situation will not change with a very few moments/days. I have to work within this. No doubt your letter of solidarity inspired me and helped me a lot to work in a very critical time with huge mental pressure. I am grateful to you and all comrades of the international World Women’s Conference process who showed their deepest solidarity with the cause of workers, with the movement of workers.
I cannot express how I have passed not only rushing with works but I am still physically and mentally engaged with this highly. Some times when I listen or remember any story of workers I also fell mental stress with the whole situation. Some times when I see the pale faces of workers family it makes me puzzle.
You cannot believe what’s the situation still going on. When any one will move around the area of Workers barrack near Rana Plaza, obviously s/he will get many victims family members in most of the door. If you knock one door you will see just next door another person who lost his wife and daughter both. If you go one step more then you will see two widows they lost their husband. If you go next door you will see a mother lost her two sons in the rubble and crying with remembering her beloved son/ daughter. Some times I felt so hopeless and feel too much pressure in my mind what a petty life of our workers! They have no value for their life their dreams. And I feel again and again there is no way without struggle.
In Solidarity
Taslima
www.taslimaakhter.com
Bangladesh
Liebe Frauen und Freunde von Courage und Solidarität International Stuttgart, vielen Dank für Eure Unterstützung und die ausgezeichnete Solidaritätserklärung mit der Fabrikkatastrophe in Bangladesch. Wir von der Frauengruppe Femmes des lÎle in der Stadt LÎle-Saint-Denis (Region Paris) haben die Erklärung hier übersetzt und nur am Schluss leicht verändert. Wir fanden, dass mehr heraus gestellt werden muss, dass Verbesserungen im Kampf nur erreicht werden, wenn man sich organisiert. Außerdem haben wir die Adresse der Textilgewerkschaft in Bangladesch angehängt zur Unterzeichnung ihrer Petition. (s. Datei) Die Erklärung wurde etwas gekürzt als Antrag dem Rat unserer Stadt vorgelegt, der sie einstimmig beschlossen und Beifall geklatscht hat für diese Initiative der Frauengruppe! Die Erklärung verbreiten wir nun um uns herum, in den Bekleidungsgeschäften. Sie wird an C und An H und M, Das Arbeitsministerium, Präfektur usw. geschickt. Wir nutzen sie zur Werbung für die Weltfrauenkonferenz und die Vorbereitung der Frauen-Europakonferenz im Februar 2014 in unserer Stadt. Soweit die guten Nachrichten, damit Ihr auch wisst, dass die Arbeit Früchte trägt. Herzliche Grüsse Gaby:
Femmes de l ’Île Saint-Denis
mai 2013, Association de femmes à l’Île Saint-Denis
Au ministère du travail / France
A la direction d’Auchan, Camaïeu, C&A, H&M, Adidas
Solidarité avec les victimes de la catastrophe dans une usine du textile au Bangladesh
Plus de 1000 victimes ont été trouvées mortes après l’effondrement d’un complexe d’usines au Bangladesh, près de la capitale Dacca fin avril 2013. Nous les pleurons avec leurs familles et nous exprimons notre solidarité avec les 2200 survivants, dont beaucoup ont été grièvement blessées et traumatisés.
Qui est responsable ?
Ce sont le propriétaire du bâtiment et les patrons des usines textiles qui sont directement responsables de la plus grande catastrophe industrielle dans ce pays. Dans de mauvais bâtiments illégaux, surpeuplés et pourvus de machines trop lourdes, plusieurs jours avant l’effondrement, des fissures dans les murs sont apparus. Bien que les travailleurs du textile aient dénoncés les dangers, ils ont été contraints de continuer le travail ! Et ce pour un ridicule salaire de 0,17 euros de l’heure, soit 30 € par mois pour les couturières.
Dans ce drame à nouveau, plus de mille femmes et d’hommes sont morts pour le profit !
Download la lettre complete: Flugblatt-solidarité-Bangladesh-femmes-a-lIle
Presse- und Solidaritätserklärung mit den ArbeiterInnen in Bangladesh
von Solidarität International Stuttgart:
Noch immer werden Tote geborgen, ca. 2 Wochen nach dem katastrophalen Zusammenbruch eines Fabrikkomplexes in Bangladesh, nahe der Hauptstadt Dhaka. Wir trauern mit den Angehörigen um die über 1000 Opfer, die man bis jetzt gefunden hat, die meisten von ihnen Textilarbeiterinnen, und äußern unser Mitgefühl für die ca 2200 Überlebenden, die z.T. schwer verletzt wurden und unter Schock stehen. Wir solidarisieren uns aber auch mit allen Menschen in Bangladesh, die aus Wut und Empörung über dieses grausame Unglück auf die Straße gingen, um gegen die mörderischen Arbeitsbedingungen – vor allem in der einheimischen Textilindustrie – und für eine lebenswerte Zukunft zu kämpfen.
Hier die vollständige Erklärung zum Download: Presserklärung-zu-Bangladesh-von-Solidarität-International-Stuttgart
Hier kann man für die Forderungen der Textilarbeiterinnen unterschreiben:
Monika Gärtner-Engel,
Europa-Koordinatorin der Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen
27.4.2013
zu Händen von
Joly Talukder, Asienkoordinatorin im Weltfrauenprozess
Taslima Akhter, Frauenaktivistin und Fotografin in Bangladesh
Solidaritätserklärung an alle Textilarbeiterinnen und -arbeiter
und alle in den Massenprotesten
anlässlich des Einsturzes eines Fabrikgebäude in Dhaka, Bangladesh
Liebe Freundinnen,
tief bestürzt haben wir von der Tragödie erfahren, dass ein marodes Fabrikgebäude in der Nähe von Dhaka einstürzte und Textilarbeiterinnen erneut Opfer der menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen wurden, die von der imperialistischen Ausbeutung verursacht werden. Mehr als 300 Tote und Tausende schwer Verletzte. Wir sind mit euch sehr sehr traurig und erschüttert. Wir sind aber auch sehr wütend über dieses vermeidbare Unglück, dessen Ursache sich nur mit kapitalistischer Profit-Sucht beschreiben lässt. Das Leben dieser umgekommenen Arbeiterinnen und Arbeiter lässt sich auf keinen Fall mit 200 € „Entschädigung“ aufwiegen.
Immer sehe ich die beeindruckenden Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter aus der Versammlung bei unserem Besuch vor Augen! Wir stehen mit ganzem Herzen hinter der Massenprotestbewegung, die sich entwickelt, und fordern mit euch die lückenlose Aufklärung und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden!
Kämpfen wir gemeinsam und solidarisch für ein Leben unter lebenswerten Bedingungen, ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Bitte informiert und nach Möglichkeit über alle Ereignisse und Einschätzungen.
Mit solidarischen, kämpferischen Grüßen
Monika Gärtner-Engel
Monika Gaertner-Engel,
European Coordinator of the World Women’s Process
27 April 2013
to the hands of
Joly Talukder, Asian Coordinator of the World Women’s Process
Taslima Akhter, activist and photographer
Message of Solidarity to all textile workers and all active in the mass protests
on the occasion of the collapse of a factory building in Dhaka, Bangladesh
Dear friends,
deeply shocked and dismayed we have heard of the tragedy of the collapse of a dilapidated factory building near Dhaka once more making textile workers – many of them women – victims of the inhumane working and living conditions – which are caused by imperialist exploitation. There are more than 300 deaths and thousands of seriously wounded.
Together with you, we are very very sad and shaken up. But at the same time we are very enraged by this avoidable catastrophe, the cause of which can only be described as the capitalist greed for profit. The lives of those workers who fell victim to the catastrophe can absolutely not be counterbalanced by a “compensation” of 200 Euros.
Before my inner eye I always see the pictures of the textile workers – female and male – who deeply impressed us, in the assemblies we took part in during our visit to Bangladesh. Wholeheartedly we support the mass protest movement which is developing and demand together with you an allover investigation in depth and that those responsible will be fully held to account!
Let us continue struggling united and in solidarity for a life under conditions worth living – without exploitation and suppression!
If possible, please keep us informed about what is happing and about your evaluation of the situation.
In solidarity and with militant greetings
Monika Gaertner-Engel
Download Solidarity letter: Solidaritätserklärung-Bangladesh-Einsturz-Textilfabrik-DE-US