Europakoordinatorinnen der Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen

Suse Bader- Hamburg
Karola Kücken- Berlin
Nathalie Onur- Paris
Myriam Borras- Lanzarote

Am vergangenen Wochenende war in den Medien von Protesten hunderttausender Menschen gegen den Massentourismus auf den Kanarischen Inseln zu hören. Wegen der besonderen Lage und des sonnenreichen Klimas, sind die Inseln ein wachsendes Ziel des Massentourismus. Gran Canaria, Teneriffa, Lanzarote, Fuerteventura, auch die kleineren Inseln wie La Gomera, La Palma und El Hierro verzeichneten in den letzten 10 Jahren doppelte Besucherzahlen. Für das Jahr 2024 werden 150 Millionen Übernachtungen erwartet.

Die Proteste richteten sich ausdrücklich nicht gegen die Touristen. Sie richten sich gegen die zügellose Vermarktung der Inseln, die längst an ihre Grenzen geraten sind. Sie richten sich gegen eine rücksichtslose und ausschließlich profitorientierte Immobilienpolitik der Regierungen der Inseln.

Diese sind längst aus dem Ruder geraten und zeigen die rücksichtslosen Auswirkungen der ausgeuferten Profitgier in selten deutlichem Ausmaß auf. Die Mieten schießen in die Höhe und nehmen den Menschen den Wohnraum. Airbnb und ähnliche Anbieter verschärfen den Kampf um den lukrativ zu vermietenden Wohnraum. Die Proteste richten sich gegen die zunehmende Armut der Menschen, die sich das Leben auf ihren Inseln nicht mehr leisten können. Umweltschutzorganisationen und Bürgerinitiativen, die sich dem Protestbündnis angeschlossen haben, beklagen die entstandene Wassernot, selbst Trinkwasser wird immer knapper. Während Golfplätze bewässert werden und die Pools in den Ferienwohnungen und Hotels ständig befüllt werden, wurde auf einigen Inseln bereits das Wasser für dir Einheimischen rationiert. Land, Wasser und Naturräume werden durch rücksichtlose Profitwirtschaft zerstört.  Von den Regierungen werden ein respektvoller Umgang mit der Natur und den Ressourcen gefordert.

Die Menschen auf den Inseln sind nicht mehr gewillt, die Verdrängung aus ihren Lebensräumen hinzunehmen, die bedeuten: überfüllte Straßen und Staus, überfüllte Verkehrsmittel, Restaurants und Gesundheitseinrichtungen. Zumal erneut große Bauvorhaben, z. B. auf Teneriffa, in Angriff genommen wurden, die neue Tourismusströme erwarten lassen.

Die Proteste richten sich auch und besonders gegen die extrem gewachsenen Arbeitsbelastungen aufgrund fehlender Arbeitskräfte im Hotelgewerbe. Mehr Touristen bedeutet natürlich nicht zwangsläufig mehr Arbeitskräfte, das würde den Profit ja schmälern!

Auf Teneriffa beispielsweise   leben migrantische Einwanderinnen aus Lateinamerika, die als Zimmermädchen oder Kellnerinnen arbeiten, aktuell in Zelten. Mittlerweile sind daraus Zeltlager geworden, weil selbst Angestellte mit einem Einkommen, sich wegen der enorm gestiegenen Mieten keine Wohnung mehr leisten können und so aus den Wohngebieten verdrängt werden. Während 40 % der Arbeitsplätze in den Tourismushochburgen liegen und ein Drittel der Wirtschaftsertrages stellen, sind die Löhne nicht entsprechend gestiegen. Die Löhne sind sehr niedrig, Überstunden werden selbstverständlich erwartet und oft nicht bezahlt. Die Inseln gelten als die ärmste Region Spaniens.

Unsere Europakoordinatorin Myriam, die im Hotelgewerbe auf Lanzarote arbeitet, berichtet von krank machenden Arbeitsbedingungen, von der Überfüllung der Insel, die dazu führt, dass es kaum noch Unterkünfte für die Angestellten gibt, dass das Wasser für die Felder knapp ist und dass unter Teilen der Bevölkerung Hunger und Armut herrschen. Auf Lanzarote gingen 9000 Menschen am Wochenende auf die Straße. Myriam berichtet auch vom Kampf ihrer Organisation „Las Kellys“, eine Organisation der Zimmermädchen in den spanischen Hotelhochburgen, die sich 2016 gründete. Bereits 2019 kämpften sie erfolgreich gegen ihre Auslagerung in Zeitarbeitsfirmen, für bessere Bezahlung, Anerkennung ihrer Berufskrankheiten, das Recht auf Vorruhestand und eine respektvolle Würdigung ihrer Arbeit.

Auch jetzt geht es wieder um eine gerechte Bezahlung und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Insbesondere, um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die Überlastung, durch die enorm gestiegene Anzahl der Übernachtungen auf immer weniger Personal, bei schlechter Bezahlung. Die dauerhafte Überlastung und der Stress, machen die Frauen krank.

Kein Kampf, keine Frau darf allein bleiben!

So haben wir es auf der 3. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen 2022 beschlossen.

Deshalb geht ein Solidaritätsschreiben zur Unterstützung der Proteste nach Lanzarote. Gleichzeitig laden wir die Frauen ein, am 13. Frauenpolitischen Ratschlag im November 2024 in Kassel teilzunehmen und über ihre Erfahrungen zu berichten und mit uns zu diskutieren. Z.B. über die Notwendigkeit sich zu organisieren.

 

Profite ohne Ende – Lebensqualität, Umwelt und Arbeitskräfte am Ende