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  1. Februar 2016 resize DSCF3158

Ein vielseitiger Ausflug nach Nagarkot mit Überraschungen und Geschichte

Samstag ist in Nepal „arbeitsfreier“ Tag, wie in Deutschland der Sonntag. Der Vorschlag von Monika Gärtner-Engel, eine der Europakoordinatorinnen, und Thomas Beisenkamp, der in Katmandu sein zweites Zuhause hat, am freien Tag einen Ausflug zu machen, wurde von den 5 Brigadistinnen und Brigadisten begeistert aufgegriffen. Von ursprünglicher 11:00 Abfahrt, wurde dann 9:00 Uhr. Wir sind flexibel! Alle waren pünktlich. Zwei eingeladene junge Frauen aus Katmandu, Sonya („Die Goldene“) und Nabina (gesprochen Nawina – „Neues Jahr“) kamen mit und bereicherten unseren Ausflug sehr, vor allem zur Kontaktaufnahme zur nepalesischen Bevölkerung. Sie waren auch beeindruckt von dem Wissen, das Thomas über Katmandu und Nepal hat.

Auf der Fahrt zum Zielort berichtet Thomas Spannendes über Land und Leute:

Das Katmandutal war ein ehemaliger See, das eingeschlossen war von Bergen. Im Laufe der Jahrtausende entstand das Tal, das aus 3 Königreiche bestand – Thamel (heutige Touristencity von Katmandu) – Lalitpur und Bagdhapur (angrenzende Städte an Katmandu – sowie im Ruhrgebiet – ineinander übergehend) – die auf feudalistischer Basis herrschten. Im 18. Jahrhundert wurden diese durch die Eroberung von Kirtipur zu einem Königreich vereinigt, dass bis zum 21. Jahrhundert (2006) existierte. Die Waffen aus der Eroberung sind in einem Tempel verbaut worden.

Es gibt 136 Sprachen (keine Dialekte) – mehr als 50 % der Bevölkerung spricht Nepali.

Bhaktapur wurde vor 82 Jahren (1936 – nach europäischer Zeitrechnung) von einem Erdbeben massiv zerstört und wurde damals mit deutscher Hilfe wiederaufgebaut. Auch durch das Erdbeben in 2015 (2072 – für die hiesige Zeitrechnung) gab es hier die größten Zerstörungen, so dass bis heute viele Familien in Zelten leben. Interessant ist, dass seine Frau Gabi schon viele Spenden gesammelt hat in Deutschland unter ihren Kollegen bzw. die Kollegen auf sie zugingen, so dass Wasserreinigungsgeräte für 2.500 € angeschafft werden konnten. Die Gesamthochschule Kassel hat ein neues Filtersystem entwickelt, um flexibel je nach Stärke der Verschmutzung des Wassers in die „Wasserrucksäcke“ ca. 25-30 kg schwer, von oben das verdreckte Wasser einzugießen und unten kommt sauberes Wasser zum Kochen und Waschen raus.

Bei der Fahrt durch das Stadtgebiet Timi konnten wir uns einige ursprüngliche Häuser im Nepalbaustil ansehen, die von der Volksgruppe Timi aus dem Katmandu Tal stammt. Obwohl wir nur daran vorbeifahren, konnten wir die schönen Schnitzereien und handwerklichen Künste dieser Volksgruppe erkennen. Es lohnt sich einen Spaziergang durch dieses Gebiet zu planen.

Bei der Weitefahrt informieren uns unsere neuen nepalesischen Freundinnen über die Situation der Frau in Nepal und den Einfluss der hinduistischen Religion.

Im Hinduismus gibt es bis zu 30 Millionen Götter, davon die Hälfte weibliche. Dramatisch ist die Geschichte zu dem Göttinnen Kult. Sonya und Nabina berichten, dass Mädchen aus bestimmten Familien der Kaste der Newari, die noch keine Menstruation haben, auserwählt werden und als lebende Göttin – als Kumari – verehrt werden. Die Entscheidung darüber trifft die Familie. Sie werden dann bis zum Zeitpunkt ihrer Menstruation im geschlossenen Raum gehalten, damit Besucher der „Göttin“ huldigen können. Das Mädchen kann und darf nicht raus nur 1 x im Jahr, zu einem besonderen Fest. Wenn das Mädchen zur Frau geworden ist, durch ihre Menstruation, ist die Möglichkeit eine Familie zu gründen sehr gering. Meistens enden sie in der Prostitution, weil die Vorstellung bei Männern besteht, eine Göttin kann man nicht heiraten bzw. die Göttin ist mit Vorsicht zu genießen – Angst vor der Göttin.

Es gab früher die Witwenverbrennung in Nepal. Das ist verboten worden. Hintergrund war, dass eine Frau ohne den Mann nicht weiterleben durfte. Wollten die Frauen weiterleben gab es für sie gesellschaftliche Repressalien und sie wurden solange bedrängt von ihrem gesellschaftlichen Umfeld, dass es keinen Ausweg gab. Warum es verboten wurde, konnten wir nicht klären.

Zwischenstation – wir sehen an einem Hügel viele Familien, junge Frauen und junge Männer. Am Hang angekommen ist wenig von der Landschaft zu sehen, wegen Nebel. Wir sehen uns das bunte Treiben am Hügel an – eine Gruppe junger Männer spielt Karten – eine ca. 3 x 3 m² – Fläche ist bestückt mit Lebensmitteln und Kochutensilien. Am offenem Feuer wird das Essen zubereitet, Kinder spielen, unterhalb des Hügels ist ein Zelt aufgebaut und Stühle stehen in Reihen davor – ob da wohl Theater gespielt wird? Traditionelle Musik beginnt und die jungen Frauen, die eben noch saßen fangen an zu tanzen. Wir schauen zu und werden aufgefordert mitzutanzen. Das machen wir und freut Alle, die da sind. Viele Fotos werden geschossen von den Tanzenden. Monika bespricht kurz mit Sonya, ob sie nicht gemeinsam die Weltfrauenkonferenz vorstellen wollen – sie ist mutig und sagt, dass schaffe ich alleine und bittet in ihrer Landessprache die Frauen, um kurze Unterbrechung der Musik, sie möchte Ihnen etwas Wichtiges vorstellen. Gesagt getan und Sonya steht mitten unter den Frauen im Kreis und liest den Werbeflyer der Weltfrauenkonferenz den Frauen vor. Durch das Kopfnicken der Frauen und Männer und dem Applaus gibt es Zustimmung. Wir verabschieden uns herzlich und ziehen weiter zum Nagarkot – Tower.

Am Ziel angekommen in 2.142 m Höhe begegnen uns viele junge Menschen. Sie steigen auf die Plattform und machen Selfies und nicht nur, das. Beim Abstieg unterhalb der Plattform ist Disco mitten auf der Wiese mit internationaler Musik.

Mit Ringbrot, gegrilltem Gemüse, Kichererbsenbrot, Kaffee und Tee stärken wir uns und unser Busfahrer schlägt uns vor, dass wir runter wandern können und er wird an einer Stelle warten. Leider können wir nicht durch den Wald, da dieser sehr vermüllt ist und so wandern wir auf dem Asphalt. Die Überforderung der regionalen Müll- und Recycling-Organisation mit der Invasion von westlicher Verpackungsproduktion zeigt sich auch in Nepal in der Vermüllung des Waldes und des Wasser: Plastikverpackung, -tüten, und -flaschen säumen den Wegesrand und SMOG über Katmandu in hoher Konzentration verschleiert die Sicht.

Auf dem Weg zur Abfahrt begegnen wir vier Frauen, die aus dem Wald mit ca. 20 – 30 kg am Kopf beladenem Grünzeug für ihre Ziegen ins Dorf laufen. Wir dürfen sie fotografieren und wir singen ihnen beim Mitlaufen „We are Women, ….“ vor. Sie laufen in einer  Geschwindigkeit mit der Last Pfade im Wald entlang, wo wir kaum hinterher kommen. Im Dorf angekommen begrüßen uns Kinder und Monika fragt sie wieder, ob sie Fotos machen darf. Sie stimmen zu und können sich danach das Ergebnis selbst ansehen und strahlen. Bei der Abfahrt winken sie noch lange.

Der Ausflug geht langsam zu ende. Dennoch auf der Rückfahrt sehen wir „Ringöfen“ – hier werden Ziegelsteine gebrannt. Die Besitzer der Ringöfen kaufen für 1 Jahr den Bauern das Land ab, um aus dem Boden den Ton/Lehm herauszuholen für die Ziegelherstellung. Die Arbeiter werden nach produzierten Ziegelsteinen entlohnt. Die Ziegel werden vor dem Brennen im Freien aufgestellt. Wenn es regnet und der noch nicht gebrannte Ziegel wieder zerläuft, bekommt der Arbeiter dafür nichts. Nur für gebrannte Ziegel wird er bezahlt.

In Absprache mit dem Busfahrer und der Einladung von Monika uns die Ferienwohnung von „people to people“ anzuschauen fahren wir dort hin. Auch hier werden wir herzlich begrüßt von der Familie Khathri, die uns mit einem super schmeckenden Tee mit Kardamom versorgen. Man Bahadur zeigt uns das Haus und die supertolle Aussicht von einer großen Terrasse auf einige Bergketten des Himalaya Gebirges. Wir stellten uns die Frage, warum die Wohnung bzw. die freien zur Verfügung stehenden Räume nicht schon viel früher von people to people für die Reise nach Nepal veröffentlicht wurde und dadurch noch günstiger untergebracht wären, gerade für längerfristige Aufenthalte. Wir wären gerne noch geblieben, aber der Busfahrer hat auch Familie und so fahren wir zurück. Das Sonya und Nabina (Nawina gesprochen) mitgekommen sind war eine Bereicherung für den ganzen Ausflug. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen.

An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Monika für den Ausflugsvorschlag und an Thomas, Sonya, Nabina und der Familie Khathri für die vielen Informationen und die Gastfreundschaft und ein Dankeschön an den Busfahrer für seine Vorschläge und Fahrkünste.

Es war ein rundum spannender, erholsamer, informativer und geselliger Ausflug.

Download: 160228 Ausflug BrigadistInnen

Ausflug mit vielen Informationen über Nepal